Sei wachsam!

Im Selbstverteidigungsunterricht und auch in Kampfsportschulen, wo daß Thema Selbstverteidigung aufkommt, wird immer wieder davon gesprochen, daß man sich seiner Umgebung bewußt sein sollte. Es werden oft Ratschläge wie „trage keine Kopfhörer, wenn du eine Strasse entlang gehst.“ etc. ausgeteilt und auch ich habe damit gearbeitet.

Aber was ist dieses „sich seiner Umgebung bewußt sein“ eigentlich? Soll man sich permanent umsehen? Ist jeder grimmig reinguckende Mann gleich ein Täter? Ist derjenige, der weiter hinten herumschreit gleich eine Gefahr?

Wahrscheinlich nicht. Und wir können auch nicht permanent wachsam in alle Richtungen sein. Es gibt zu viele Ablenkungen allein ohne aufs Handy zu sehen.

Und paranoid zu werden ist auch keine gute Idee.

Wahrnehmung

Wenn wir über situative Wachsamkeit reden gibt es zum einen den bewußten und zum anderen den unbewußten Part in unserer Wahrnehmung.

Der passive, also der unbewußte Part wird durch unsere Alarmsysteme im Körper gesteuert. Sie lösen Angst, Panik etc aus und sollen uns so vor akutem Schaden schützen. Diese Alarmsysteme sind immer an. Sie halten Ausschau nach (erlernten) schädlichen Geräuschen, Gerüchen, Tieren oder Menschen, die Gefahr bedeuten. Das passiert alles unbewußt.

Unsere aktive und bewußte Wahrnehmung wird von uns gesteuert. So bleiben wir auf dem Bürgersteig stehen, wenn ein Auto kommt und laufen nicht einfach vor das Auto.

Beide Systeme zusammen machen unsere Wahrnehmung aus.

Übergriffe sind meist geplant

Übergiffe, Raubtaten etc. haben in der Regel immer eine bestimmte zeitliche Reihenfolge. Die wenigsten Taten sind so spontan, daß man sie kaum kommen sieht.

Täter suchen sich gezielt Personen aus, denen sie z.B. das Geld aus der Tasche ziehen oder die sie offensiv angehen wollen. Das ist in der Regel kein Glückspiel, sondern durchdacht (wenn auch meistens unbewußt). Und sollten wir einmal ausgepickt worden sein, gilt es das im Vorfeld zu erkennen bevor der Überfall beginnt. Diese Vorspiel nennt sich Synchronisierung deiner Bewegung.

Diese Synchronisierung passiert auf vier verschiedene Arten, die alle unterschiedlich zueinander sind.

Krav Maga Blog sei wachsam

Bewegungssynchronisierung

  1. warten

Wenn der Täter weiß, wo Du hingehst, muß er nur an diesem Ort auf dich warten. Klingt erst einmal merkwürdig (woher soll ein Fremder das wissen?). Ich kann es aber anhand von drei Beispielen erklären.

Nehmen wir an, du bist im Urlaub und du benötigst Bargeld. Wo geht man hin? Richtig. Zu einem Bankautomaten.

Täter, die Geld erbeuten wollen, müssen also nur dort in der Nähe warten. Jetzt brauchen sie nur noch auf eine Person warten, die für sie in Frage kommt, die also alle Opfermerkmale mit sich bringen.

Das Opfer hebt Geld ab, der Täter hat sich bereits hinter ihm platziert und sobald der Automat anfängt zu arbeiten (es ist ein ziemlich lautes Geräusch), ist die Transaktion vollzogen und man kann die Geldausgabe nicht mehr verhindern. Attacke.

Ebenso ist es in großen Menschenmengen. Hier kann sich der Täter auch aussuchen, wenn er bestehlen will. Das perfide ist, daß wir uns in Menschenmengen sicherer fühlen, als wenn wir alleine sind. Das läßt unsere Aufmerksamkeit noch mehr herunterfahren, da wir unbewußt der Meinung sind, andere passen schon mit auf. Das Problem ist, daß alle in der Menge so denken und somit alle ihre Aufmerksamkeit herunterfahren. Täter wissen das instinktiv und haben so eine bessere Chance, Beute zu machen.

Ein kurzes drittes Beispiel ist das Spiel Pokemon Go, daß von vielen weltweit mit dem Handy gespielt wird. Man nutzt die Kamera seines Handys um mit Hilfe von Virtual Reality Pokemons zu fangen, die man findet, wenn man quasi spazieren geht.

Vorher festgelegte Orte, die sog. Arenas, sind Austragungsorte, in denen man sich trifft. Diese Arenas sind feste Ort, zu denen man gehen muß. Täter müssen also nur an diesen Orten warten, um zu zuschlagen. Hier kommen nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder hin, die zu Opfern werden können. Was übrigens auch vorgekommen ist.

2. abfangen

Das Abfangen des Opfers ist die wohl gängigste Methode der vier Arten der Bewegungssynchronisation.

Entweder kreuzt man die Wegen mit dem Opfer, um es z.B. zu berauben, oder nutzt einen anderen günstigen Winkel, der zum Übergriff führen wird.

Oftmals werden wir auch von Schildern und vorgegebenen Wegen geleitet, so z.B. in U-Bahn Stationen, die immer vom Eingang an den Ticketautomaten vorbei, zu den Treppen/Rolltreppen und zum Bahnsteig führen. Hier ist es ein Leichtes für den Täter, sein Opfer abzufangen, zumal hier idR viele Menschen sind, die es eilig haben, was die Aufmerksamkeit noch weiter herabsinken läßt.

3. verfolgen

Jeder von uns hat es schon einmal erlebt. Dieses Gefühl, hinter uns ist irgend jemand. Wir drehen uns dann um. Und genau das sollten wir auch tun und es nicht unterdrücken.

Seinem Opfer zu folgen, um den besten Moment abzupassen, ist wohl die Methode, die den meisten in den Sinn kommt. Der Täter spiegelt meist die Geschwindkeit und hält annähernd denselben Abstand.

4. annähern

Hier kommt der Täter geradewegs auf dich zu, wobei er meistens in einer Menschenmenge arbeitet und die Körper als Deckung benutzt.

Zeit für Paranoia?

Nun ist nicht jeder Mensch, der auf Dich zu kommt gleich eine Gefahr. Es geht vielmehr darum, in seiner Umgebung festzustellen, was Sonderbares auf sich selbst bezogen vorgeht. Wir haben neben unseren fünf Sinnen auf innere Alarmsysteme, die anschlagen (z.B. wenn uns jemand verfolgt) und die wir nicht ignorieren dürfen.

Auch geht es natürlich darum, Situationen richtig zu interpretieren. Nicht jeder Mensch, der in der Nähe eines Bankautomaten wartet ist ein potentieller Täter. Sollte er aber anfangen die Lage zu checken, sich umzusehen (auch immer wieder kurz in deine Richtung sehen) und vielleicht auch schon in Richtung des Bankautomaten gehen, wenn du dort stehst, ist es vielleicht an der Zeit einfach zu gehen und sich einen anderen Automaten zu suchen.

Die Situation bestimmt die Lösung!


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