Unterschätzt Körpertreffer nicht

Körpertreffer. Mir ist es neulich im Unterricht aufgefallen.

Das Hauptziel bei einer Konterattacke ist meistens der Kopf. Das macht auch erst einmal Sinn, da der Kopf im allgemeinen ab unterhalb der Stirn im Gesicht recht fragil ist. Außerdem beherbergt der Schädel das Gehirn und es laufen konzentriert viele Nerven auf einem relativ kleinen Areal von dort aus los. Von den Augen wollen wir gar nicht sprechen.

Wir können durch Schläge an den Kopf eine Menge Schmerz hervorrufen, den Gegner orientierungslos machen und sein komplettes System überlasten, damit er von uns schließlich ablässt.
Das einzige Problem ist, daß der Kopf ein relativ kleines Ziel bietet und der Gegner sich ja auch bewegt. Das kann mitunter schwierig werden, wenn man nicht voll mit Adrenalin ist.

Wenn wir nämlich adrenalisiert ist, ist für uns Menschen die Feinmotorik und unsere „Zielerfassung“ quasi ausgeschaltet. Wir agieren nur noch in großen, mächtigen Bewegungen. Das ist bei Trainierten und Un-Trainierten so. Keine Ausnahme. (Deshalb ist das Trainieren von irgendwelchen Hebel am Handgelenk z.B. auch vertane Zeit). Hinzu kommt, daß der Kopf ein dynamisches Ziel ist. In der Regel reagieren wir auf Dinge, die unserem Kopf zu nahe kommen mit einem reflexartigen Wegdrehen, Ausweichen etc. Sollten es wiederholte Schläge gegen den Kopf sein (oder prinzipiell, wenn wir einen Schlag gegen den Kopf im vorraus wahrnehmen), so spannen sich auch unwillkürlich unsere Nackenmuskeln an, um die Halswirbelsäule zu schützen und die Verbindung zum Kopf zu versteifen.

Der Oberkörper bietet hier ein wesentlich großzügigeres Ziel. Er ist auch nicht so dynamisch zu betrachten wie der Kopf.

Im Allgemeinen gilt er aber als sekundäres Objekt für einen Angriff, weil er auch gut geschützt ist durch seine Knochenstrukturen im Brustkorb.

Aber wer sagt denn, daß jeder Schlag immer gleich vernichtend sein muß?

Ja, natürlich wollen wir immer schnell rein, Schmerzen verursachen, um den Gegner zu stören oder im besten Fall auszuschalten, damit wir uns aus der Situation lösen können, aber nicht jeder Schlag wird sitzen. Und der One Punch and Knock Out Plan passiert wirklich selten.

Wir brauchen auch Alternativen und wir sollten den Rest des Körpers nicht ausser Acht lassen.

Der Oberkörper bietet unterhalb des Brustkorbs seine ersten Schwachstellen. Rechts liegt die Leber und links die Milz. Beide Organe werden durch den Brustkorb weitgehend geschützt, sind aber durch eine Aussenwirkung (Schlag/Tritt) verletzbar.

In beiden Fällen komprimiert sich das Organ, wenn es von außen getroffen wird.

Da die Milz klein und fest in seiner Struktur ist, reißt sie leicht bei einer heftigen Attacke.

Die Leber ist jedoch größer und flexibler und kann den Impact besser absorbieren. Jedoch wird bei einer Kompression der Vagus-Nerv stimuliert.

 Wenn der Vagasnerv stimuliert wird, passieren eine Reihe von Dingen; Dinge, die man nicht bewusst kontrollieren kann. Dabei geht es nicht um Schmerzmanagement.

Die Blutgefäße im ganzen Körper beginnen sich zu erweitern (aber nicht die im Gehirn, da der Körper das Bewusstsein nicht verlieren will). Unter „normalen“ Bedingungen würde die Herzfrequenz steigen, um den Blutdruck aufrechtzuerhalten, wenn eine solche Dilatation stattfinden würde, aber als Folge der Auslösen/Stimulation des Vagusnervs geschieht dies nicht, und das Gegenteil tritt auf; die Herzfrequenz verlangsamt sich.

Das Ergebnis ist, dass der Blutdruck schnell absackt. Das bedeutet, dass, wenn nichts passiert, sauerstoffreiches Blut nicht mehr das Gehirn erreicht, was zu Bewusstlosigkeit führt. Und das möchte der Körper/Gehirn vermeiden. Um dies zu verhindern, wird es sich „anweisen“, sich zu beugen und/oder sich hinzulegen, damit Blut das Gehirn mit weniger Druck erreichen kann – diese Reaktion ist unfreiwillig und instinktiv und ebenso schwächend wie der Verlust des Bewusstseins (obwohl dies auch in sehr extremen Fällen auftreten kann).

Es ist möglich diverse Stellen am Körper dazu zu konditionieren, daß man weniger Schmerz empfindet und seine „Nehmer-Qualitäten“ so steigern kann, aber es gibt immer noch genug Teile am Oberkörper, so wie die Leber, die unkontrolliert und unwillkürlich reagiert, wenn eine Kraft auf sie trifft.

Das müssen wir als Verteidiger sowohl wissen, um im Falle einer Verteidigung gezielte Treffer zu landen bzw. auch wissen, daß wir selbst hier verwundbar sind. Und das massiv.

Körpertreffer sind nicht zu unterschätzen und intelligent eingesetzt, können sie einem helfen.