Warum Reflexe nicht immer funktionieren

Im Krav Maga und auch in anderen Systemen lernen wir, die natürlichen Reflexe des Körpers zu nutzen. Das macht auch Sinn. Dinge, die wir kennen, die uns vertraut sind, sind leichter strukturiert einsetzbar, als Dinge, die wir erst noch lernen müssen.

So zucken wir beispielsweise zurück, wenn etwas unerwartet auf unser Gesicht zukommt. Unsere Augenlider schließen sich und der Kopf wird nach hinten geworfen, um dem Objekt zu entgehen.

So lange diese Reflexe (wir haben eine Menge davon) funktionieren, ist alles gut. Allerdings verlassen wir uns zu sehr auf etwas bzw. es wird uns erzählt, daß diese Reflexe immer funktionieren.

Das ist nicht so.

Und hier beginnt das Problem.

Warum unsere Reflexe nicht immer funktionieren - Krav Maga Blog

In diesem Artikel möchte ich über die Gründe, warum Reflexe nicht immer funktionieren. Denn es gibt Bedingungen, unter denen die Bewegung eines Schlags oder Schneidemessers unseren Schreckreflex auslöst, um unsere Hände schützend hochzuziehen, um unseren Kopf zu schützen.

Es gibt Zeiten, in denen dies nicht der Fall ist. Leider unterliegen unsere natürlichen Antworten bestimmten Bedingungen und Kontexten, und wenn diese nicht existieren, werden auch unsere automatischen Antworten auch nicht passieren.

Sehen

Sehen ist kein einheitlicher Sinn, sondern etwas, das über eine Reihe getrennter visueller Funktionen auf verschiedene Gehirnoberflächen geteilt und abgebildet wird. Mit anderen Worten, es gibt eine ganze Reihe von Variablen, die wir nicht kontrollieren können.

Es gibt hinläufig zwei Arten, wie wir Gesehenes verarbeiten.

a) komplexere Informationen werden an unseren präfrontalen Kortex zur bewussten Verarbeitung geschickt, wie z.B. die Berechnung, wie wir uns im Raum bewegen sollten, um einen Ball fangen zu können.

b) Informationen, die unsere primitiveren Systeme auslösen, wie z.B. das Herausziehen und die Hände heben, wenn eine Bewegung – wie ein Schlag – identifiziert wurde.

Ob eine solche klare Unterscheidung zwischen beiden Arten bleibt, steht zur Frage, d.h. man hat es tatsächlich bis heute nicht herausgefunden.

Wenn es jedoch einen zweiten Weg zur visuellen Verarbeitung gibt, der angeborene „tierische“ Reaktionen/Reaktionen auslöst, ist er äußerst einfach und aller Wahrscheinlichkeit nach auf bestimmte Kontexte beschränkt.
Was bleibt ist, dass wir uns so nicht auf eine universelle Reaktion eines Körpers verlassen können.

Warum Reflexe nicht immer funktionieren

Der Startreflex (Straffen des Körpers) z.B. wird nicht immer automatisch ausgelöst. Das ist wichtig zu wissen, gerade für diejenigen, die glauben, das es so ist und sich auf diesen Reflex in ihrer Verteidigung verlassen.

Wenn Du ein Gespräch mit jemandem führst und dich völlig wohl fühlst, weil er dich mit einem falschen Gefühl der Sicherheit eingelullt hat, musst du die Informationen erst verarbeiten, die er dir übermittelt, wenn er dir dann plötzlich ins Gesicht schlägt. Es wird einige Zeit dauern, bis deine kognitive Verarbeitung zu deiner „instinktiven“ Antwort wechselt.

Das bedeutet, dass Dein Startreflex möglicherweise nicht stimuliert wird. Dies gilt auch, wenn du in einen Zustand der Verleugnung oder Diskontierung gerätst, in dem du versuchst, dich davon zu überzeugen, dass die Situation, mit der du konfrontiert bist, keine Bedrohung oder Gefahr birgt.

Selbst in einem erhöhten emotionalen Zustand, indem du bewusst an einem Prozess des „Selbstgesprächs“ beteiligt bist, wo du dir selbst sagst, dass du überreagierst… während du dies tust, kannst du einige deiner instinktiven und instinktiven Reaktionen unterdrücken, wenn du angegriffen wirst.

Damit unsere Reflexe funktionieren müssen wir ihnen eine gewisse Bandbreite geben, damit sie überhaupt aktiviert werden. Wenn wir also plötzlich einen Schlag zum Gesicht erhalten, das wir schützend unsere Arme nach oben reißen etc. Wenn wir aber dann um eine Ecke eines Gebäudes gehen und jemand mit einem Messer auf uns los geht, greifen die Reflexe auf einmal nicht mehr und frieren ein.

Wir reagieren auch nicht alle auf die gleiche Bewegung, auf die gleiche Weise und die ganze Zeit. Wenn wir ein gewisses Maß an Bewusstsein haben, dass wir in Gefahr sind, bewegen wir uns möglicherweise auf einen Schlag zu, um die Bewegung zu unterdrücken.

Wir sollten uns auch bewusst sein, dass Menschen, die wir schlagen, dasselbe tun können – wenn wir immer trainieren, dass sich die Menschen zurückziehen, wenn wir zuschlagen/schlagen, können wir überrascht und unsere Taktik unwirksam sein, wenn das Gegenteil eintritt.

Es ist nicht meine Absicht, Reflexe abzuwerten. Ich unterrichte sie nämlich trotz allem.
Aber wir müssen uns bewusst sein, dass es für nichts eine universale Antwort gibt und wir uns immer der Situation anpassen müssen.

Sich auf Technik allein zu verlassen ist gefährlich. Sie auf unwillkürliche Handlungen des Körpers zu verlassen auch.

Reflexe helfen uns, den Gegner zu treffen, aber auch wir haben diese Reflexe. Ausserdem unterliegt uns nichts das alleinige Recht auf Information diesbezüglich.

Menschen, die andere Menschen schlagen habe es mitunter auch schon öfter getan und Erfahrungen gesammelt.

Wir wissen nie, wenn wir dort vor uns haben. Wir können nur interpretieren auf Grundlage unser eigenen Erfahrungen, wie die Situation sich weiter entwickelt bzw. welche weiteren Schritte die Person vor uns unternehmen will.

Wenn wir keine Erfahrung haben, wissen wir auch nicht, wie wir reagieren werden. Trotz allem Trainings (welches meistens mit Techniken einher geht), sind wir ungewiss, ob wir in einer hochgradig stressigen und emotionalen Situation auch so reagieren, wie im Training.

Die Situation bestimmt die Lösung, nicht die Technik. Es ist immer so, und wird immer so bleiben.

Reflexe zu kennen und nutzen zu können ist wichtig. Sich auf sie zu verlassen, kann aber auch schädlich sein.