Ignorierst du das Raubtier im Raum? – Das Beispiel Theodore Robert Bundy

Keiner ist immun davor von einem anderen verzaubert zu werden. Sogar wenn wir erkennen, daß einige Charakterzüge oder Verhaltensweisen so gar nicht unseren entsprechen. Ja, sogar wenn es um Gewalt geht. Theodore Robert Bundy ist ein sehr extremes Beispiel. Aber es Veranschaulicht, wie leicht sogar die besten der Besten manipuliert werden können und Dinge auf einmal anders Gewichten oder zu akzeptieren.

Die Macht des Ignorierend

Wir verdrängen und finden Ausreden und „übersehen“ gerne die ungeliebten Seiten unseres Gegenübers.

Es ist uns möglich die Charaktereigenschaften eines anderen Menschen aufzuteilen und uns auf die positiven zu stützen. Die schlechten Eigenschaften werden heruntergespielt und übersehen. Selbst dann, wenn wir zum Opfer werden.

Der Ursprung dieses anscheinend paradoxen Verhaltens liegt in unseren Anfängen als Menschen.

Damals war das Überleben wichtiger als der Individualismus.

Überleben hieß, die Gemeinschaft überlebt. Damit so eine Gruppe das auch schafft, müssen alle zusammenarbeiten und leben. Auch wenn wir mit dem einen oder anderen nicht einverstanden waren und seine Taten sogar verabscheut hatten. Wir mußten zum Wohle der Gruppe über gewisse Dinge „hinwegsehen“.

Hätten wir uns über Dinge dauerhaft gestritten, hätte es immer einen Effekt auf die gesamte Gruppe gegeben, und sie wäre in Lebensgefahr geraten.

Andere Tierarten haben für solche Konflikte einen anderen Umgang gefunden. Der Mensch hat sich beigebracht zu schweigen und weiterzumachen.

Das Raubtier im Raum – Theodore Robert Bundy

Besonders interessant wird dies, wenn man sich einen ganz bestimmten Schuldspruch in einem Prozess in den USA ansieht, der mit der Todesstrafe verhängt wurde. Hier sagte der Richter zum Angeklagten, der für 2 Morde schuldig gesprochen wurde:

“The court finds that both of these killings were indeed heinous, atrocious and cruel. And that they were extremely wicked, shockingly evil, vile and the product of a design to inflict a high degree of pain and utter indifference to human life. This court, independent of, but in agreement with the advisory sentence rendered by the jury does hereby impose the death penalty upon the defendant Theodore Robert Bundy. It is further ordered that on such scheduled date that you’ll be put to death by a current of electricity, sufficient to cause your immediate death, and such current of electricity shall continue to pass through your body until you are dead.

Take care of yourself, young man. I say that to you sincerely; take care of yourself. It is an utter tragedy for this court to see such a total waste of humanity, I think, as I’ve experienced in this courtroom.

You’re a bright young man. You’d have made a good lawyer and I would have loved to have you practice in front of me, but you went another way, partner. I don’t feel any animosity toward you. I want you to know that. Take care of yourself.”

„Das Gericht stellt fest, dass diese beiden Morde in der Tat abscheulich und grausam waren. Und dass sie extrem böse, erschreckend böse, abscheulich und das Produkt einer Absicht waren, dem menschlichen Leben ein hohes Maß an Schmerz und völlige Gleichgültigkeit zuzufügen. Dieses Gericht verhängt hiermit unabhängig von, aber in Übereinstimmung mit dem beratenden Urteil der Geschworenen die Todesstrafe gegen den Angeklagten Theodore Robert Bundy. Es wird ferner angeordnet, dass Sie an einem solchen geplanten Datum durch einen Stromstoß getötet werden, der ausreicht, um Ihren sofortigen Tod zu verursachen, und dieser Stromstoß soll weiterhin durch Ihren Körper fließen, bis Sie tot sind.

Pass auf dich auf, junger Mann. Das sage ich Ihnen aufrichtig; Pass auf dich auf. Es ist eine völlige Tragödie für dieses Gericht, eine solche totale Verschwendung von Menschlichkeit zu sehen, wie ich es in diesem Gerichtssaal erlebt habe.

Sie sind ein aufgeweckter junger Mann. Sie wären ein guter Anwalt gewesen und ich hätte Sie gerne vor mir praktizieren lassen, aber Sie sind einen anderen Weg gegangen, Partner. Ich empfinde keine Feindseligkeit Ihnen gegenüber. Ich möchte, dass du weisst. Pass auf dich auf.“

Verdrehte Welt?

Um dem Ganzen ein wenig mehr Inhalt zu geben:

Der Angeklagte Theodore Robert Bundy hatte sich juristisch selbst vertreten. Er hatte sich in einem Prozess, in dem er des Mordes an zwei Menschen angeklagt worden war, juristisch selbst vertreten.

Allein dieser Entschluss zeigt, daß wir es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Psychopathen zu tun haben.

Eines der Merkmale die Psychopathie ist nämlich, daß niemand es besser machen kann als man selbst.

Weiter noch, hat Bundy während des Gerichtsverfahrens dafür gesorgt, daß er als talentierter anwaltlicher Neuling im Gericht vom Richter anerkannt wurde, obwohl er zwei Menschen getötet hatte und zum Tode verurteilt worden war.

Es erscheint, also ob der Richter hier eher der Konsequenz des vertanen Talents nachtrauert, als den Opfern und Hinterbliebenen. Bundy hatte es allen Anschein nach geschafft, daß der Richter ein anderes Bild von ihm erhielt, als der des Mörders.

(Im Übrigen hat Bundy im Nachhinein noch 28 weitere Morde gestanden und man fand später heraus, daß er schon als Teenager gemordet hatte und nicht mit Ende 20 damit anfing. Wahrscheinlich ist, daß die Anzahl der Toten auch wesentlich höher liegt.)

Bundy wurde zwar als Mehrfacher Mörder verurteilt, aber sein Talent als Anwalt wurde im Schuldspruch ausdrücklich erwähnt und der kommende Verlust deutlich betrauert.

Erkennt du das Raubtier im Raum?

Dies ist kein Versagen des Richters, sondern eine Anerkennung von Bundys Fähigkeit als sozial windiger Mensch, der in der Lage ist, eine andere Person davon zu überzeugen, was sie sehen möchte.

Die Aussage des Richters ähnelt fast einer Entschuldigung und einer Bitte an Bundy, ihm nicht die Schuld für das Urteil/die Entscheidung zu geben.

Es mag seltsam erscheinen, dass der Richter die Zustimmung und Anerkennung von Bundy einholen und zu Protokoll geben wollte, insbesondere als er wusste, dass Bundys Berufungen gegen die Todesstrafe abgelehnt werden würden (und er wäre in ein paar Jahren tot), aber Bundy wusste, wie man jemanden dazu bringt, ihn in einer bestimmten Rolle zu mögen und anzuerkennen – so war es ihm so gelungen, Im Laufe des Prozesses den Richter zu überzeugen, ihn nicht als Mörder zu betrachten, sondern als den angehenden Jurastudenten mit einer angeborenen Intelligenz, die ihn zu einem unterhaltsamen und überzeugenden Staatsanwalt/Verteidiger gemacht hätte und den der Richter als Schützling hätte sehen wollen

Fazit

Natürlich ist das ein extremes Beispiel, aber es gibt auch im Kleinen eine Menge Menschen, die uns spielend manipulieren und uns von etwas überzeugen wollen zu sehen/zu glauben, was eigentlich nicht in unserer ethischen und moralischen Linie liegt.

Wenn ein Mensch wie Bundy einen erfahrenen Richter dazu bringen kann, etwas anderes in ihm zu sehen, als er tatsächlich ist bzw. die Gewichtung anders legen kann, dann ist es bei uns sehr leicht.

Gerade auch in Zeiten von Social Media ist es immer wieder zu beobachten, wie leicht wir manipuliert werden und wie sehr wir etwas glauben wollen, wenn uns jemand überzeugen kann. Wir hinterfragen nicht mehr, sondern schließen uns der Gruppe an, als ob es ums Überleben geht.

Passt auf Euch auf und hinterfragt immer.

Schreibe einen Kommentar

error: Dieser Inhalt ist geschützt!
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner